Ich kam über einen kleinen Schotterweg nach Schweden. Es war nur eine Fahrspur vorhanden und das Kreuzen mit einem Auto wäre schon eng gewesen. Aber auf diesem Weg kam mir niemand entgegen, noch kam jemand von hinten angerauscht. Unbeobachtet fuhr ich als ins nächste skandinavische Land. Da mein Navi die Route nach Karlstad nicht berechnen konnte, nahm ich die nächste Ortschaft auf dem Weg dort hin als Zielort. Es war Arvika. Als ich dort angekommen war, beschloss ich, einen Campingplatz zu suchen. Ich fand einen auf der anderen Seite der Stadt, etwa sechs Kilometer entfernt. Ich fuhr also durch das Städchen Arvika, es sah ganz hübsch und ruhig aus. Auf dem Weg zum Campingplatz wurde beschlossen die Ortschaft am nächsten Tag zu besuchen. Ich buchte für zwei Nächte und stellte mein Zelt auf. Der Campingplatz lag direkt am Glafsfjorden-See.
Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Bus nach Arvika. Am Abend zuvor hatte ich mich im Internet ein wenig über die Stadt informiert. Auf der Touristeninfowebseite wurde empfohlen das Fordon-Fahrzeugmuseum zu besuchen. Ich schlenderte durch den Ort, schaute mir das Zentrum an, machte ein paar Fotos und genoss das gute Wetter. Das Fordon-Museum wurde natürlich auch besucht. Sie hatten gerade eine kleine Sonderausstellung mit Rally-Wagen und auch sonst echt schone und interessante Fahrzeuge. Da war zum Beispiel ein Detroit Electric Brougham von 1915 mit einem 80 Volt Elektromotor. Es gab sie also schon damals, die Elektroautos. Solltet ihr also jemals in Arvika sein, kann ich euch den Besuch dieses Museums empfehlen. Als ich weiter durch die Ortschaft schlenderte beschloss ich noch ein paar Tage länger zu bleiben. Es war nicht besonders viel los dort und die spätesten um 20 Uhr waren alle Kneipen zu. Aber es gefiel mir dort irgendwie und ich brauchte eine kleine Pause. In den letzten zwei Wochen war ich von den Lofoten nach Arvika gefahren. Alles mehr oder weniger der norwegischen Küste lang. Ich war irgendwie etwas ausgelaugt und ein paar Tage ohne Motorradfahren taten gut. Ich nahm für die weiteren Tage eine Hütte auf dem Campingplatz, aktualisierte meine Homepage, besuchte das Kino und genoss es einen Kühlschrank zu haben. Ich lernte Thorsten und Heinz kennen. Thorsten war auch mit dem Motorrad in Skandinavien unterwegs und da bei meiner Hütte ein kleiner Grill stand, beschlossen wir am Abend zu grillieren. Heinz war mit Auto und Kanu unterwegs. Wir beschlossen am nächsten Abend alle gemeinsam den Grill anzuwerfen und gemeinsam ein paar Stück Fleisch zu geniessen.
Am nächsten Tag ging wieder jeder seiner Wege. Ich wollte das Haus vom Michel zu besuchen. Der kleine Junge, der von Astrid Lindgren ins Leben gerufen wurde und immer Ärger machte. Als Strafe wurde er immer in die Gartenhütte gesperrt, wo er die Zeit mit Figuren schnitzen verbrachte. Ich wusste, dass ich es nicht an einem Tag bis dort hinschaffen würde, ich fuhr also so weit es ging und landete am Abend in Jönköping. Bei meinem abendlichen Spaziergang durch den Ort war, im Gegensatz zu Arvika, viel los. Am Seeufer waren lauter Restaurants und Live-Musik, auf dem Unigelände fand eine Semestereröffnungsparty statt, die Strassen waren voller Leute. Zudem fand ich heraus, dass es ein Zündholzmuseum gibt. Also beschloss ich noch einen Tag zu bleiben und mir Jönköping und das Museum tagsüber anzuschauen. Tagsüber war noch mehr los. Es fand ein Hindernisparcours für Kinder statt. Kinder von schätzungsweise 3-9 rannten um den Parcours und die Eltern der ganz kleinen liefen mit. Die Strassen waren voll mit Studenten und Touristen, die Läden waren offen, obwohl Sonntag war. Der Besuch des Zündholzmuseum war auch interessant. Das Museum befindet sich dort, wo einst eine der grössten Zündholzfabrik der Welt war. Man wurde durch die Geschichte der Fabrik und des Zündholzes geführt, eine Geschichte voller Leid und Fortschritt. Man konnte selber eine Packung Zündhölzer falten und befüllen, wie es viele Kinder und Frauen machen durften/mussten, bevor die Maschinen die Arbeit übernahmen.

In Arvika war ich mit Lau in Kontakt getreten. Ich hatte ihn und seine Freundin Nanna in Rovaniemi, Finnland, kennengelernt. Sie waren mit seinem alten orangen Morris von Dänemark zu einem Oldtimertreffen gefahren. Da Dänemark das nächste Land auf meinem Weg war, hoffte ich beide dort treffen zu können. Da ich in Norwegen genug mit Fähren unterwegs war, fuhr ich über die Oresund-Brücke nach Dänemark. Ein beeindruckendes Bauwerk. Links, rechts und unter einem war das Meer. Enden tut die Brücke in einem Tunnel, der die Strasse unters Meer durchführt um dann bei Kopenhagen wieder raus zu kommen. Also das was man in Norwegen viel hat, Brücken und Unterwassertunnel, vereint in einem Bauwerk. Die Fahrt durch Kopenhagen war etwas mühsam, es war heiss und der Verkehr langsam. Lau hatte mir empfohlen die Küste hochzufahren bis nach Helsingor und dann nach Rågeleje wo es einen hübschen Campingplatz gibt. Er wohnte dort in der Nähe. Ich hätte auch bei ihm übernachten können, hätte dann aber um fünf Uhr aufstehen müssen, weil er bereits früh morgens nach Kopenhagen fahren muss um zur Uni zu gehen. Aber da ich nicht früh aufstehen will, wenn ich es nicht muss, entschied ich mich für den Campingplatz. Nachdem ich mein Zelt in Rågeleje aufgestellt hatte fuhr ich zu Lau. Er werkelte mit seinem Mitbewohner an einem Auto rum, Nanna war nicht da, sie mit Freunden weiter im Süden unterwegs, einen Ausflug, den sie schon länger geplant hatte. Lau und ich fuhren gemeinsam Einkaufen und wir kochten, als er kochte, uns Spaghetti mit Hackfleisch, Bohnen und Tomatensauce. Und wir assen gemeinsam mit seinem Mitbewohner. Ein einfaches Gericht und gute Gespräche. Nach dem Essen empfahl mir Lau noch ein paar Sehenswürdigkeiten in Dänemark.

Am nächsten Tag fuhr ich nach Gilleleje, machte einen ganz kurzen Spaziergang am Hafen und fuhr weiter nach Roskilde, der alten Hauptstadt Dänemarks. Dort schaute ich mir die Wikingerschiffe an und fuhr weiter über die Storebælt-Brücke Richtung Odensee. Wie bereits die Oresund-Brücke war auch diese hier sehr imposant und eine Überfahrt wert, wenn man in Dänemark ist. Landschaftlich hat Dänemark leider nicht sehr viel zu bieten. Das Land ist relativ flach und man sieht mehrheitlich Getreide- oder Weidefelder. Also fuhr ich über die Autobahn nach Aalborg. Als ich mir dort die Touristenkarte der Stadt anschaute, fand ich, was ich im Internet nicht mehr gefunden hatte, die singenden Bäume. Jetzt wusste ich auch warum ich sie nicht mehr gefunden hatte. Irgendwie hatte ich im Kopf, dass diese in Aarhus sind. Nichtsdestotrotz wurden die Bäume nicht sofort besucht. Nach der ersten Nacht in Aalborg machte ich einen Ausflug zur versandeten Kirche. Heute steht nur noch der Kirchturm. Danach ging es nach Grenen, dort wo Nordsee und Ostsee zusammentreffen und der nördlichste Punkt Dänemarks liegt. Man kann gut sehen, wie die beiden Meere aufeinandertreffen und die Wellen aufeinanderprallen. Das nächste Ziel an diesem Tag war noch beeindruckender, die Rabjerg Mile. Es ist eine Düne, die sich durch die nördliche Spitze des Landes bahnt. Wenn man auf der Düne steht, sieht sie wie eine kleine Wüste aus. Danach ging es wieder zurück nach Aalborg. Ich zog mich um und ging in die Stadt und natürlich zu den singenden Bäumen. Die Bäume wurden von Musikern gespendet und unter jedem Baum steht eine kleine Säule mit dessen Namen und dem Tag der Spende. Die Säulen sind auch mit einem grünen Knopf versehen, drückt man darauf, werden einige bekannte Stücker des jeweiligen Spenders angespielt. Deshalb auch "singende Bäume".

Ich fuhr an der Nordsee entlang weiter und machte einen Stop in Thorup Strand Havn. Dort werden die Schiffe mittels Winde auf den Strand gezogen, da es keinen eigentlichen Hafen gibt. Es sieht aus als ob die Schiffe gestrandet sind, was im ersten Augenblick komisch aussieht. Mein Weg führte mich weiter der Küste lang Richtung Süden. Als ich in der Nähe von Thorsminde war, war die Sicht aufs Meer durch eine lange Düne verhindert, dafür war kaum noch Wind zu spüren, was die Fahrt angenehmer machte. Die letzte Nacht in Dänemark verbrachte ich etwa 60 Kilometer nördlich von Esbjerg. Dort befand sich die letzte Sehenswürdigkeit, die ich mir ansehen wollte, "Der Mensch am Meer". Eine Skulptur von Svend Wiig Hansen, bestehen aus vier sitzenden Menschen, die aufs Meer starren. Sie wurde zum 100-Jährigen Bestehen der Gemeinde Esbjerg errichtet und ist unter den Einwohner als "die vier weissen Menschen" bekannt. Nach diesem letzten Stop ging es weiter, wieder nach Deutschland wo ich bereits einen Termin für die Motorradwartung hatte. Ich verliess Skandinavien an einem Tag wie der an dem als ich in Helsinki ankam, sonnig und warm.

 

Fotos Schweden
Fotos Dänemark